Auch im Winter bietet der heimische Wald viel mehr als nur kahle Stille. Wer denkt, der Wald schläft, der irrt. Vielen Wanderern offenbart sich erst im Winter – wenn die Bäume ohne Laub stehen – die wahre Schönheit des heimischen Forstes. Erst ohne Laub fallen die alten und knorrigen Bäume auf. Sie erzählen ihre Lebensgeschichte mit ihrer Wuchsform, ihren abgestorbenen Teilen oder ihrer löchrigen Rinde, die sie in vergangenen Wintern von Stürmen oder von ganzen Bataillonen von Schädlingen geprägt hat. All das haben sie überlebt – und dieser Überlebenskampf in all seiner Schwere offenbart sich nun in der stillen Jahreszeit.
Kaum ein Tag im Wald ist so lehrreich wie ein kristallklarer Wintertag. Leise und vorsichtig, um das Wild nicht zu erschrecken, kann man die Spuren des Wachseins erleben. Wildschweinrüssel wühlen eifrig nach Essbarem während Rehe Schnee beiseite schieben, um an das Gras zu gelangen. Frassspuren von Mäusen und Eichhörnchen sind zu erkennen, vor allem rund um Nadelbäume, wo sie sich gerne die Samen der abgefallenen Zapfen schmecken lassen.
Der Wald ist im Winter keinesfalls ausgestorben, wie man es auf den ersten Blick vermutet. Wer mit offenen Augen – und Ohren – rücksichtsvoll durch den Winterwald spaziert, hört sprichwörtlich das leise Flüstern der Natur und macht erstaunliche Entdeckungen.
Geniessen wir diesen Augenblick, denn auch er ist vergänglich.
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